Deutsches Bier in Peru
Obwohl das erste Bier im heutigen Peru unbestätigten Berichten zufolge vom flämischen Franziskanermönch Joos de Ricke in der kurz zuvor gegründeten Stadt Quito um 1536 gebraut wurde und die einzige Brauerei, die heute nach einigen Verschmelzungen übriggeblieben ist (Backus & Johnston), von zwei US-Bürgern im Jahre 1880 gegründet wurde, hatten die Deutschen einen erheblichen Einfluss auf die Biergeschichte von Peru.
Wie in anderen spanischen-amerikanischen Ländern war Bier kein Nahrungsbestandteil, obgleich die sehr wenigen deutschen und flämischen Bürger, denen die Einreise in diesen Teil der Welt von den Spaniern erlaubt wurde, zweifellos von Zeit zu Zeit ihr eigenes Bier brauten. Fakt ist, dass Bier in diesem Gebiet bis zur Bildung von Republiken, als sich mit dem Ende des spanischen Regimes die Einwanderungspolitik änderte, kein Handelsobjekt war.
Nachdem 1821 die Hauptstadt Lima durch Jose de San Martin befreit wurde, knüpfte Peru erste Verbindungen zu Großbritannien. Schon kurz nachdem die Spanier am 9. Dezember 1824 nach der Schlacht von Ayacucho endgültig besiegt waren, kamen Kaufleute, Diplomaten und Menschen aus allen Lebenslagen nach Peru, um die Möglichkeiten abzuschätzen, die dieses neue Land bietet.
Nichtsdestotrotz brauchte das Bier seine Zeit, bis es in der Bevölkerung etabliert wurde. Ricardo Palma, ein peruanischer Schriftsteller des neunzehnten Jahrhunderts, erwähnt Bier in einigen seiner Kurzgeschichten aus der ersten Hälfte seines Jahrhunderts. Und mit Ausnahme einer, in der der Präsident Marineeinheiten besucht und dabei mit Bier bewirtet wird, sind seine Worte für Bier immer negativ. In einem Fall sagt er, dass die Peruaner Wein, Chicha und Pisco, aber kein Bier trinken, weil "wenn wir Bitterkeit haben wollen, nehmen wir unsere eigene".
Die Dinge änderten sich Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. In den ersten Tagen des Mai 1852 hatte die größte Zeitung von Lima, El Comercio, eine Anzeige auf ihrer Titelseite, durch die ein junger Deutscher "mit guten Empfehlungen" eine Arbeitsstelle suchte. Unter seinen Fähigkeiten wies er darauf hin, dass "ich weiß, wie man Bier herstellt".
Zwölf Jahre später beinhaltete der Wirtschaftsspiegel von Lima bereits acht Bierhersteller. Die Hälfte dieser acht hatte deutsche Namen und da es zu dieser Zeit noch keine Deutschstämmigen gab, muss daraus gefolgert werden, dass alle vier Einwanderer aus Deutschland waren. Ihre Namen waren: Jacob Harster, Fredrick Richmüller - beide stellten nur Bier her - und Heinrich Schielin und Santiago Harster, die Bier und Limonade herstellten.
1869 waren unter den sechs Herstellern, die Bier und Limonade herstellten, zwei Deutsche: Santiago Harster und Gustav Werner. 1876 hab es drei Brauereien in Callao und eine in Lima. Die drei Brauereien in Callao gehörten Deutschen. "Cervercería Alemana" zu Gustav Sprinckmöller, "Internacional" zu "Schmitt & Company" (wahrscheinlich Carlos Schmitt) und "Companía Internacional de Cerveza del Callo" zu Alois Kieffer. Die einzige Brauerei in Lima, die zu dieser Zeit als "Piedra Lisa" aufgeführt war, gehörte Eduardo Harster. 1879, also drei Jahre später, führte eine Liste von Steuerzahlern unter vier Brauern drei Deutsche auf: Gustav Werner, Aloise Kieffer und Eduardo Harster.
Im selben Jahr zerstörte ein fünf Jahre dauernder Krieg zwischen Peru und Chile einen Großteil der Industrie und stürtzte Peru in den Ruin. Diese Situation stoppte jedoch nicht das Verlangen, das Land erneut aufzubauen und viele Ausländer steckten alle ihre Kraft in den Wiederaufbau von Peru. 1887 waren außer der "Backus & Johnson" alle anderen Brauerei in deutscher Hand. Unter den Namen sind einige, die bereits genannt wurden: Harster, Schmidt, Kiefer und Werner. Aber auch einige neue Namen: G. Heinsen, Nicolas Stiegler und Esteban Benichc, von dem die Herkunft unklar ist.
Eines der Probleme, dem die hiesigen Brauereien gegenüberstanden, waren die Importe aus Europa, insbesondere aus Großbritannien, das sich ganz offen um den Markt mitbewarb. Aus diesem Grund setzte Gustav Springmöller, der Besitzer der "Cervecería Alemana" am 19. Januar 1872 eine Anzeige in die "El Comercio", in der er erklärte, dass er die Zutaten, das Wissen und die Sorgfalt besäße Bier zu brauen, dass so gut sei wie das beste importierte aus Europa.
Ein bereits genannter deutscher Brauer, aber einer, der wegen einer glücklichen Übereinstimmung vielleicht in besonderer Erinnerung bleiben wird, ist Eduardo Harster. Während einiger archäologischen Grabungen im Gebiet der Schlacht von San Juan, wo peruanische Truppen alle Ihre Bemühungen daran setzten, einen chilenischen Einmarsch zu verhindern, wurde im Januar 1980 eine zerbrochene Bierflasche mit dem Teil eines Etiketts gefunden. Sie stammte aus der "Cervecería Nacional de Peidra Lisa" von Eduardo Harter und neben der Adresse der Brauerei, "Cajamarca 200" zeigte das Etikett, das sich in der Flasche "Jager Bier" befand. Während eines Gesprächs mit einem alten peruanischen Brauer erzählte er mir, dass er Harster als einen alten Mann in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gesehen und dass er ein Bier mit Namen "Pavo Real" (Pfau) mit einem grünen Pfau auf dem Etikett in Händen gehalten hätte.
Die größten Brauereien, die von Deutschen gegründet und betrieben wurden sind die "Companía Nacional de Cerveza", später bekannt unter dem Namen "Pilsen Callao" und die "Cervecería Alemana" die ihren Namen in "Cervesur" änderte. Die erstgenannte Brauerei wurde offiziell 1863 in der Hafenstadt Callao gegründet, aber es scheint, dass sie bereits davor unter dem deutschen Bürger Fredrich Bindels produzierte, der die Brauerei 1869 an Alois Kieffer verkaufte. In den darauffolgenden Jahren gewann das Bier Preise in Lima (1872 und 1876) und Paris (1878). Nach dem Tod Kieffers im Mai 1888 versuchten seine Witwe und seine Kinder die Firma weiterzuführen, aber 1902 wurde sie endgültig an eine Gruppe aus peruanischen und italienischen Investoren verkauft. "Pilsen Callao" war ein Zeichen guter peruanischer Braukunst, bis 1994 alle Aktienanteile von Backus & Johnson aufgekauft wurden.
Die zweite wichtige "deutschstämmige" Brauerei war die "Cervecería Alemana", die 1898 in Arequipa von Ernst Gunther zusammen mit seinem Partner Frans Rehder gegründet wurde. Zu dieser Zeit gab es in Arequipa füf Brauereien von denen drei Deutschen gehörten: "Cerveceria Germania" von Corad C. Ertel, "Cerveceria Teutonia" von Heinrich Koehnke und eine dritte die den Herren Heldy und Springmuller gehörte.
Gunther war ein junger Mann als er 1885 in Bolivien landete und begann, mit einem deutschen Kaufmann zusammenzuarbeiten der ihm bald die Verantwortung einer seiner Zweigstellen übertrug. Gunther lernte die Sprache, heiratete eine Einheimische und am 31. August 1898 gründete er seine Brauerei mit der Partnerschaft des Technikers Franz Rehder. Gunther kaufte die "Cervecería Alemana" die dem Peruaner Gustavo Ariansen gehörte. Dies war die Basis, aus der mit der Zeit die bedeutendste Brauerei Südperus entstand. Ein Jahr später, kaufte Gunther die Brauerei von Heldy und Springmuller. Zu dieser Zeit produzierte die neue "Cervecería Alemana" "Pilsener", "Märzen" und "Malta".
Nachdem er die Marktkapazitäten abeschätzt hatte, reiste Gunther 1900 nach Deutschland, wo er neue Anlagen zur Modernisierung und Vergrößerung seiner Produktion erwarb. Vor dem Ende des ersten Jahrzehnts gründete Gunther 1908 seine zweite Brauerei, diesmal in Cuzco. Obwohl es Anzeichen gibt, dass es am Ende des 19. Jahrhunderts zehn kleine Brauereine in Cuzco und Umgebung gab, waren es zur Zeit der Gründung von Gunther´s Brauerei lediglich eine Brauerei des Franzosen Leoncio Vignes und des Deutschen Gustav Mangelsdorff, die ihre "Cervecería Francesa" und "Cerveceria Alemana" kurze Zeit zuvor verschmolzen. Eine dritte Brauerei wurde von Gunther´s Firma in Trujillo, 550 km nördlich von Lima gegründet, wo sie 1935 die "Sociedad Cervecera J. Dalmau" kauften und eine Zweigstelle mit Namen "Sociedad Cervecera de Trujillo S.A." einrichteten, die um 1960 wieder an Pilsen Callao verkauft wurde.
Die "Cervecería Alemana" wurde später in "Cervesur" umbenannt. Über Jahrzehnte beherrschte die Brauerei den Biermarkt im Süden Perus mit ihren Marken "Cerveza Arequipena" und "Cerveza Cusquena", einem ausgezeichneten Bier, das aufgrund des Fehlens von Zusätzen das deutsche Reinheitsgebot von 1516 erfüllte und wegen der Qualität des Wassers aus den Gletschern der Hochanden von allen seinen Trinkern verehrt wurde. Nach dem Erwerb von Pilsen Callao durch Backus & Johnston 1994, entschied sich "Cervezur", den nationalen Markt durch eine aggressive Kampagne in Lima zu attackieren. Sie entwickelten neue Produkte wie "Ice" und "Lager" und hatten einen guten Start, aber die Herausforderung war zu groß. Die Einführung des Bieres in Lima war ein Erfolg aber was sie nicht bedachten war, dass die angegriffene B&J auch in ihren Markt im Süden Perus einbrechen würden und schließlich hatten sie nicht die Wirtschaftskraft, dieser Herausforderung gewachsen zu sein. Zu guter letzt erwarb Backus & Johnston im Jahr 2000 alle Anteile an "Cervezur" und erlangte so das Monopol eines ganzen Wirtschaftszweiges.
Eine sehr interessante Geschichte, die auch einen deutschen Brauer in den peruanischen Anden beinhaltet, ist die von den Brauereien, die in Cerro de Pasco und Huancayo von Fredrich Herold aus Heilbronn gegründet wurden. Herold wanderte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nach Bolivien ein und arbeitete für einige Zeit bei der "Comania Nacional de Cervezas" in La Paz. Nach einiger Zeit, in der er den Markt genau beobachtete, verließ er die Firma und zog nach puno in Peru am Titacacasee, so er eine kleine Brauerei von Tomas Palao erwarb. Kurz darauf verkaufte Herold die Brauerei an Gunther, der möglicherweise bereit war, gutes Geld zu bezahlen um zu verhindern, dass er in seinem angestammten Markt einen guten Brauer als Konkurrenten bekommt. Mit dem eingenommenen Geld kehrte Herold nach Deutschland zurück wo er heiratete und sich die Ausstattung zur Eröffnung einer neuen Brauerei, diesmal in der Minenstadt Cerro de Pasco in den zentralen peruanischen Anden, kaufte. "Cervecería Herold" war ein Erfolg aber Herold merkte bald, dass sich der gute Markt einige Meilen südlich in der Handelsstadt Huancayo befand. Er rief seinen Bruder Emil, der 1911 ankam, um als ein Partner für die Cerro de Pasco Brauerei Sorge zu tragen. Die neue Fabrikanlage war in der Nähe der Shulcas Schlucht bei der Stadt Huancayo gelegen. Herold kaufte neues Gerät aber unglücklicherweise brach, als er zur Abreise bereit war, der Zweite Weltkrieg aus und er verlor alle seine Maschinen und sein Geld. Aber Herold ließ sich nicht beirren, baute sich seine Maschinen und die Ausrüstung vor Ort selbst und wuchs weiter. Die Marken der verkauften Biere waren "Pilsen", "Extracto de Malta", "Salvator" und ein sehr starkes Bier, dass "Andina" genannt wurde.
Später, nach dem Tod von Friedrich Herold, führte sein ältester Sohn Heinrich, der in Deutschland Wirtschaft studiert hatte die Fabrik fort. Währed des Zweiten Weltkrieges stand die Brauerei und polizeilicher Aufsicht aber Heinrich arbeitete weiter. Aufgrund der Macht der Brauereien aus Lima, B&J und Pilsen Callao, wurde die Brauerei 1956 verkauft. Die neuen Eigentümer schlossen einfach die Fabrik und öffneten sie nie mehr was ganz deutlich zeigt, dass das Unternehmen, sich eines Wettbewerbers zu entledigen, beendet war. Über die guten Straßen konnten problemlos die Erzeugnisse aus Lima in diese Gegend gebracht werden.
Der letzte deutsche Versuch, Bier in Peru zu brauen, war die "Cervecería San Miguel" in Piura nahe der ecuadorianischen Grenze 1960. Der größte Aktionär und Geschäftsführer der Fabrik war der Deutsche Klaus Arens.
Der Name "San Miguel" wurde zu Ehren vom Schutzheiligen von Piura gewählt und die Ergebnisse waren zu Beginn sehr gut. Nichtsdestotrotz waren einige Zeit später allerhand Kommentare über den durch die schlechte Qualität des Wassers verursachten schlechten Geschmack des Bieres im Umlauf. Zum Schluß endete dieser schlechte Ruf in der Schließung der Brauerei. Der schlechte Ruf beinhaltete auch einige Berichte über einen Anschlag auf die Leitungen, über die das Wasser in die Brauerei gepumpt wurde. Die Rohre sollen durch Gewehrschüsse durchlöchert worden sein, um das ungeniessbare Oberflächenwasser in die Brauerei zu bringen. In einem Gespräch mit Arens vor zwei Jahren meinte er, dass alles sei eine durch seine Gegner gesteuerte Kampagne gewesen. Über den schlechten Geschmack des Wassers sagte der folgendes: "Mr. Dargent, die Filter die wir hatten waren gut genug, jedes Wasser zu reinigen, egal wie schlecht es hätte sein können". Ich glaube ihm.
Eduardo Dargent
Ich bedanke mich sehr herzlich bei Eduardo Dargent, dass er mir diesen Text zur Veröffentlichung auf meiner Homepage zur Verfügung gestellt hat. Das Copyright liegt nach wie vor beim Autor! - www.bierdeckelsammler.net